bogstt

Frauenministerin Juliane Bogner-Strauss kürzt die finanziellen Mittel für Gleichstellungsprojekte. © orf

«Polizeipferde sind der Regierung mehr wert als Frauen»

fs /  Rechte bekämpfen seit Jahren Frauenrechte. Wenn sie an die Macht kommen, ist Schluss mit Gleichstellungspolitik. Zum Beispiel in Österreich.

Frauen- und gleichstellungspolitische Organisationen und Projekte haben meist wenig finanzielle Mittel und überleben hauptsächlich dank viel unbezahlter Arbeit. In Österreich hat die neue konservative Regierung entschieden, die staatlichen Zuschüsse im Jahr 2019 auf insgesamt 5,3 Millionen zu senken. Im Vergleich zum Jahr 2017 ist das fast eine Million weniger. Für das Budget von Österreich ist dies eine kleine Summe. Für zahlreiche Organisationen und Projekte kann das jedoch eine entscheidende Summe sein, da ihre Finanzierung schon vor der Kürzung prekär war. Polizeipferde seien der Regierung mehr wert als die Unterstützung von Frauen, sagte die frühere Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) im «Kurier».

Gewaltschutz statt Gleichstellungspolitik
Die Regierung hat angekündigt, Geld von feministischen Projekten zum Gewaltschutz umzuverteilen. Erst Anfang August sagte Frauenministerin Juliane Bogner-Strauss (ÖVP): «Der Schutz und die Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen stehen für mich ganz oben auf der politischen Agenda.» Doch wohin das Geld fliessen soll, hat sie bisher nicht bekannt gegeben. Anfang dieses Jahres hatte die Regierung angekündigt, 100 neue Frauenhausplätze schaffen zu wollen. Ob diese tatsächlich jemals entstehen, steht in den Sternen. Dem «Standard» liegt die Antwort der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage zu diesem Thema vor. Darin schreibt die Regierung, dass die Frage der Finanzierung «zum jetzigen Zeitpunkt» nicht beantwortet werden könne und verweist auf das Jahr 2022.

Schluss mit Gleichstellungspolitik
Die Kürzungen in Österreich sind beispielhaft für den antifeministischen Rechtsruck in Europa, den USA und Russland, sagte die Politikwissenschaftlerin Birgit Sauer von der Universität Wien im «Standard». Der Druck auf Frauenrechte nehme seit Jahren zu und dabei werde die Rechte zunehmend von Teilen der liberalen Mitte unterstützt. Für die Rechten seien frauen- und gleichstellungspolitische Projekte eine Gefahr für die traditionellen Geschlechterverhältnisse, die der Kern ihres Gesellschaftsmodells sind. Wenn Rechte wie in Österreich an die Macht kommen, setzen sie ihre antifeministischen Ansichten in konkrete politische Massnahmen um. Gewaltschutz sei für Rechte attraktiv, weil sie ihn mit der Sicherheitsdebatte im Zusammenhang mit Migration propagieren können, sagte Sauer.

«Speerspitze gegen Rechtspopulisten»
Frauen- und gleichstellungspolitische Organisationen seien eine «Speerspitze» gegen Rechtspopulisten, schreibt die Wochenzeitung «Freitag»: «Was sie an Aufklärung über Geschlechterungleichheit, Bewusstseinsbildung über Geschlechterrollen und Anstössen für Gesetzesinitiativen in die Gesellschaft getragen haben, kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. Genau damit sind sie aber auch eine Speerspitze gegen rechtspopulistische Restaurationsfantasien mit ihrer normativen Heterosexualität und kleinfamilialen Ideologie.»

Erfolgreiche Dauerattacken
Wie in Österreich haben sich auch in den USA, Polen, Ungarn, der Türkei und Russland rechtskonservative Regierungen von der Gleichstellungspolitik verabschiedet.

In der Schweiz attackiert die konservative SVP seit Jahren staatliche Fachstellen zur Gleichstellung von Frau und Mann. Mit einigem Erfolg: Die Politik kürzte den Stellen Mittel oder schaffte sie im Rahmen von Neuorganisationen ab, wie kürzlich im Kanton Aargau. Im Kanton Zürich kritisierte der frühere Regierungsrat Markus Notter (SP) die Dauerkritik der Konservativen einst im Kantonsparlament: «Ich habe noch nie erlebt, dass Sie mit der gleichen Akribie, mit der gleichen Verbiestertheit, sich einmal die Fachstelle vorgenommen hätten, die für die Schweinemastberatung da ist, oder dass Sie sich den Fragen der Schwarzwildbekämpfung – da gibt es auch eine Beratungsstelle – so angenommen hätten. Das ist von den finanziellen Auswirkungen her etwa im gleichen Umfang. Nein, Sie scheinen mit dem Thema ein Problem zu haben, vermute ich.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581