Basel will Frauen aus Gleichstellungsgesetz streichen
Die Regierung des Kantons Basel-Stadt schlägt im Entwurf für die Revision des Gleichstellungsgesetzes einen «inklusiven» Geschlechterbegriff vor: «Der Begriff Geschlecht umfasst nach diesem Gesetz, wo nichts Anderes ausdrücklich erwähnt wird, die Geschlechtsmerkmale, die Geschlechtsidentität und den Geschlechtsausdruck.» Die Begriffe «Frau» und «Mann» sollen nicht mehr vorkommen. «Die Binarität Mann/Frau wird somit aufgelöst und die Vielfalt der Geschlechter und der sexuellen Orientierungen anerkannt», schreibt der Regierungsrat in einer Medienmitteilung. In der Deutschschweiz sei Basel-Stadt der erste Kanton, der den Gleichstellungsauftrag explizit erweitere und im Gleichstellungsgesetz Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet.
«Gleichstellungspolitischer Rückschritt»
Die Regierung hatte vom Parlament den Auftrag erhalten, das kantonale Gleichstellungsgesetz zu überarbeiten, um den Gleichstellungsauftrag auf lesbische, schwule, bisexuelle, trans und inter Menschen (LGBTI) zu erweitern. Doch statt den Auftrag zu erweitern, schränke die Regierung ihn nun ein, sagen Kritikerinnen. Das Gesetz gehe davon aus, dass die Gleichstellung der Frauen erreicht sei, sagte die frühere Nationalrätin Margrith von Felten der «Basler Zeitung»: «Das Ausblenden und Negieren der Frauenrealität in einer nach wie vor geschlechterhierarchischen Gesellschaft führt für Frauen unweigerlich zu einem gleichstellungspolitischen Rückschritt.» Das sei besonders stossend, weil Frauen mit Abstand die grösste Gruppe seien, die diskriminiert werde.
Separates Gesetz für LGBTIQ
Auch Anwältin Susanne Bertschi von «frauenrechte beider basel» kritisiert, dass Frauen aus dem Gesetzesentwurf verschwunden sind. «Frauen müssen sich neu definieren lassen in einer biologistischen, unzweckmässigen Aufzählung von Geschlechtermerkmalen.» Bertschi schlägt vor, das bisherige Gleichstellungsgesetz beizubehalten, das die Gleichstellung von Frau und Mann «klar und eindeutig formuliert». Um Diskriminierungen der LGBTIQ-Menschen zu bekämpfen, brauche es ein separates Gesetz. Die Vermischung vieler Kleingruppen mit der Hälfte der Bevölkerung im Gesetzesentwurf könne kaum jemandem gerecht werden.
Einseitige Optik
Auch Ingrid Rusterholz, frühere Leiterin der kantonalen «Abteilung Gleichstellung von Frauen und Männern», fordert zwei Gesetze. Sie kritisiert, dass die Regierung im Gesetzesentwurf den Geschlechterbegriff einer Gruppe übernommen hat: «Es macht einen Unterschied, ob sich der Staat verpflichtet, mit einem Gesetz eine exponierte Community zu schützen oder ob er die Perspektive dieser Gruppe übernimmt und aus dieser Perspektive definiert und gesetzlich verankert, was ‹Geschlecht› ist, und dabei die Mehrheitsgesellschaft, also die Menschen, die sich als Frauen und Männer verstehen, explizit abschafft.» Ob die Regierung etwas am Entwurf ändert, bevor er ins Parlament kommt, bleibt abzuwarten. Die Vernehmlassungsfrist (Begutachtung) ist im November 2021 abgelaufen.