Geru-11

Gerichtsurteil: Frauenförderung ist nicht verfassungswidrig. © dbb

Gleichstellungsbeauftragte müssen Frauen sein

fs /  Gleichstellung im öffentlichen Dienst bleibt Frauensache. Dieses Urteil hat in Deutschland unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.

In Mecklenburg-Vorpommern hat das Landesverfasssungsgericht entschieden, dass im dortigen öffentlichen Dienst weiterhin nur weibliche Beschäftigte Gleichstellungsbeauftragte einer Behörde wählen und für diese Position kandidieren dürfen. Das verstosse nicht gegen das Gleichstellungsgebot in der Verfassung, da Frauen im Unterschied zu Männern strukturell immer noch benachteiligt seien. Eine Öffnung für Männer schliesst das Gericht nicht aus. Das sei aber ein politischer Entscheid.

«Es geht um Frauenbelange»
Anna Katharina Mangold, Verfassungsrechtlerin an der Universität Frankfurt, begrüsste das Urteil. Der Gesetzgeber dürfe Männer ausschliessen, um gezielt Frauen zu fördern, sagte sie der «Zeit». Wie der Staat die Gleichstellung durchsetzen wolle, sei verfassungsrechtlich nicht vorgeschrieben. Heute seien immer noch überwiegend Frauen strukturell diskriminiert und das wolle Mecklenburg-Vorpommern mit dem Gleichstellungsgesetz ändern, sagt Mangold. Das Wort «Gleichstellung» verschleiere, dass es nach wie vor um Frauenbelange gehe.
Das Urteil des Landesverfassungsgerichtes entspricht laut Mangold der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Danach ist nicht jede Förderung von Frauen im Umkehrschluss automatisch eine Benachteiligung von Männern.

«Thema aller Geschlechter»
Anderer Ansicht als Anna Katharina Mangold ist Ute Klammer, Sozialforscherin an der Uni Duisburg-Essen. Mit dem Urteil bestehe die Gefahr, dass die Gleichstellung zum reinen Frauenthema werde, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Doch Gleichstellung müsse ein Thema aller Geschlechter sein. Klammer war Leiterin der Sachverständigenkommission zum ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Ähnlich äusserte sich Peter Ritter, Landtagsabgeordneter und gleichstellungspolitischer Sprecher der Linken. Der Ausschluss der Männer vom aktiven und passiven Wahlrecht im Gleichstellungsgesetz erschwere es, dass man Gleichstellung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnehme.

Kritik
Der klagende Beamte Wolfgang Leist kritisierte das Urteil: «Ich werde weiter von einer Gleichstellungsbeauftragten vertreten, die ich nicht wählen darf.» Das Bundesforum Männer sprach von einer «Enttäuschung». Die profeministische Männerorganisation fordert, die Institution der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zu stärken und möglichst mit geschlechterparitätisch besetzten Teams zu besetzen. Männer müsse man als aktive Gestalter von Geschlechtergerechtigkeit ernst nehmen.

Wahlrechtsbeschränkungen
Wahlrechtsbeschränkungen für Männer wie in Mecklenburg-Vorpommern gibt es in den meisten anderen Bundesländern. Zahlreiche Verwaltungen, Institutionen und öffentliche Einrichtungen schreiben vor, dass nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte sein können.


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