Zehntausende fordern Existenzlöhne für Näherinnen
Die «Kampagne für saubere Kleidung» hat die Löhne in der Produktion von Eigenmarken 45 internationaler Modefirmen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Keine der Firmen konnte einen existenzsichernden Lohn für alle Arbeiterinnen und Arbeiter in ihrer Lieferkette nachweisen.
Mindestlohn tiefer als Existenzlohn
Am besten schnitt die Schweizer Firma «Nile» ab. Sie zahlt wenigstens einem Teil der Beschäftigten einen existenzsichernden Lohn. Die Beschäftigten der anderen untersuchten Firmen erhalten meist nur den lokal geltenden gesetzlichen Mindestlohn. In Produktionsländern wie Indien, Bangladesch, China und der Türkei ist dieser laut dem Firmencheck deutlich tiefer als der existenzsichernde Lohn. Die Folge: Viele Näherinnen und ihre Familien leben in Armut.
Versprechen folgen keine Taten
Ein existenzsichernder Lohn muss laut der «Kampagne für saubere Kleidung» die Grundbedürfnisse der Angestellten und ihrer Familie decken und ein frei verfügbares Einkommen enthalten. Dieses muss mindestens zehn Prozent des Geldbedarfs zur Deckung der Grundbedürfnisse entsprechen. Einige Modeketten wie C&A, H&M, Zara/Inditex, Mammut und Tchibo haben zwar seit dem letzten Firmencheck vor fünf Jahren angekündigt, existenzsichernde Löhne zu zahlen. Doch bisher ist das nicht der Fall. Andere wie Amazon, Otto, Peek&Cloppenburg, Zalando, Levi’s, Sherpa, Calida, Migros und Coop haben sich nicht einmal auf dem Papier verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die beauftragten Unternehmen Existenzlöhne zahlen.
Freiwillige Massnahmen genügen nicht
Öffentlichkeitswirksame Verpflichtungen und freiwillige Massnahmen haben bisher kaum konkrete Ergebnisse gebracht, bilanziert die «Kampagne für saubere Kleidung». Es brauche rechtsverbindliche Vereinbarungen, welche Firmen verpflichten, «durch ihre Einkaufspraktiken und Verhandlungsprozesse einen existenzsichernden Lohn zu zahlen».
Kampagne für Existenzlöhne
Die Schweizer Nichtregierungsorganisation «Public Eye» (früher «Erklärung von Bern» hat kürzlich eine Kampagne initiiert: Möglichst viele Menschen sollen bei den Modefirmen anfragen, welche konkreten Schritte sie unternehmen, um den Näherinnen existenzsichernde Löhne zu zahlen. «Public Eye» hat dafür ein Formular online gestellt, das man ausfüllen kann. Jede Anfrage leitet «Public Eye» ohne E-Mail-Adresse an die Kundendienste folgender Modemarken weiter, die in der Schweiz ansässig oder stark präsent sind: C&A, Calida Group, H&M, Strellson, Tally Weijl, Triumph, Zalando und Zara/Inditex. In kurzer Zeit gingen bisher fast 150’000 Anfragen an die Modefirmen. Mit Ausnahme von Tally Weijl haben alle Firmen bereits reagiert. Da die Antworten wenig konkret sind, hakt «Public Eye» nach. Den Dialog hat die Organisation auf der Webseite veröffentlicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine