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Wer Gewalt mit Sex gleichsetzt, verhöhnt die Opfer, kritisiert der Verein #aufstehn. © #aufstehn

Sprache verharmlost Verbrechen an Frauen

fs /  Medien tragen dazu bei, Opfer von Gewaltverbrechen zu verhöhnen und Täter aus der Verantwortung zu entlassen. Das soll sich ändern.

In Österreich kritisiert der Verein #aufstehn, dass die Medien Gewaltverbrechen mit Sex gleichsetzen. Im Aufruf «Hört auf, sexuelle Gewalt zu verharmlosen!» heisst es: «Wer sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz ’Sex im Job’ und Vergewaltiger ’Sex-Unhold’ oder ’Sex-Wirt’ nennt, verhöhnt die Opfer.» Es gehe um Gewaltverbrechen, die nichts mit Sex zu tun haben. Die Berichterstattung beeinflusse, wie die Gesellschaft mit Verbrechen an Frauen umgehe. Die Medien seien in der Verantwortung, diese Form der Gewalt sprachlich weder zu beschönigen noch zu verharmlosen.

Sprache zementiert Strukturen
Sprache zementiere Strukturen und Systeme, in denen Frauen ausgenutzt, diskriminiert und missbraucht werden, schreibt die «Süddeutsche Zeitung». Mit Begriffen wie «Sex-Skandal», «Sex-Täter» und «Sex-Attacken» werde suggeriert, dass Gewalt etwas mit Sex, mit natürlichen Bedürfnissen zu tun habe. Damit verdränge man die Gewalt aus dem Bewusstsein. «Am Ende geht es nicht mehr um Gewalt, sondern um Sex.»

Machtmissbrauch
Statt von «Sex-Skandal» müsse man von Machtmissbrauch, Nötigung, sexueller Belästigung und Vergewaltigung berichten, schreibt der «Tagesspiegel», der das Wort «Sex-Skandal» erst nach interner Kritik aus der Berichterstattung gestrichen hatte. Mit Sex hätten diese Straftatbestände alle nichts zu tun. «Wer ’Sexskandal’ schreibt und Missbrauch meint, reproduziert – absichtsvoll oder aus dem Automatismus des meistverwendeten Hashtags heraus – ein System, das das Leid der Opfer missachtet. Wer Missbrauch als ’Sex-Skandal’ bezeichnet und sich im gleichen Atemzug wundert, dass Opfer nicht sprechen, hat das Problem nicht verstanden. Es heisst: ’Rape Culture’, eine Kultur, in der sexuelle Gewalt verharmlost oder sogar toleriert wird.»

«Gewalt gegen Frauen ist Gewalt von Männern»
Wenn tatsächlich von Gewalt die Rede ist, liegt sprachlich der Fokus meist auf den Opfern statt auf den Tätern. «Die Formulierung ’Gewalt gegen Frauen’ macht sexuelle Übergriffe und Diskriminierung zu einem Frauenproblem», schreibt die «Süddeutsche Zeitung». Wer hingegen über «Gewalt von Männern» berichte, rücke den Täter in den Fokus. «Die Art und Weise, wie in unserer Gesellschaft über sexuelle Gewalt gesprochen wird, entlässt Männer aus der Verantwortung. Weil sich die Debatte immer wieder auf die Opferrolle der Frau fixiert. Das sorgt dafür, dass sich frauenfeindliche Strukturen in den Köpfen und in der Welt erhalten. Und dafür, dass wir hier immer noch über Frauen reden. Und nicht über Männer.»


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