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Gewalt gegen Frauen sorgt nur in Kombination mit Flüchtlingen für Empörung. © EU

«Wir müssen über das Frauenbild reden»

fs /  Nach Gewaltverbrechen an Frauen sorgt das Frauenbild für Schlagzeilen, allerdings nur das Frauenbild von Asylbewerbern.

In Deutschland ist nach dem Mord an einer Studentin in Freiburg im Breisgau und zwei Vergewaltigungen in Bochum das Frauenbild von Geflüchteten zum Thema in der Öffentlichkeit geworden. Keine Diskussionen über das Frauenbild ausgelöst hat hingegen eine aktuelle Umfrage, wonach für jeden vierten EU-Bürger Sex ohne Einwilligung gerechtfertigt sein kann.

Umfrage in der EU
Im Auftrag der EU-Kommission sind über 27’000 repräsentativ ausgewählte Personen zum Thema «Geschlechtsspezifische Gewalt» befragt worden. Einige Ergebnisse:

  • Für mehr als ein Viertel der Befragten ist Sex ohne Einwilligung in bestimmten Situationen gerechtfertigt: Wenn Frauen getrunken oder Drogen genommen haben, freiwillig mitgegangen sind, freizügige Kleidung trugen, nicht deutlich nein sagten oder sich körperlich nicht deutlich wehrten.
  • 17 Prozent der Befragten gaben an, dass Gewalt gegenüber Frauen oft von diesen provoziert wird.
  • Jede fünfte Frau gab an, schon einmal körperliche oder sexuelle Gewalt durch einen Partner erlebt zu haben.

«Falsche Debatte»
Für Schlagzeilen haben diese Zahlen nur vereinzelt gesorgt. Die «Huffington Post» schrieb, Deutschland habe schon lange ein «massives Problem» mit Gewalt gegen Frauen. Flüchtlinge hätten damit statistisch nur wenig zu tun. 2015 sei laut dem Bundeskriminalamt fast jeden Tag eine Frau von ihrem Partner getötet worden und Täter seien hauptsächlich Deutsche. «Es zeigt erneut, wie falsch wir die Debatte über Gewalt gegen Frauen führen. Denn wir führen sie nur dann, wenn Flüchtlinge oder Einwanderer die Täter sind.» Für Empörung sorge die tägliche Gewalt gegen Frauen immer erst, wenn sie sich mit der Flüchtlingsfrage verbinden lasse. Daran habe sich seit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln nichts geändert.

«Über Frauenbild in Deutschland reden»
Die Journalistin Juliane Leopold twitterte, es sei unerträglich, wenn Journalisten so tun, als sei Gewalt gegen Frauen ein Problem der «Anderen»: «Es ist längst eines dieses Landes». Publizistin Jennifer Lachman forderte auf der Plattform «Xing Klartext»: «Wir müssen endlich über das Frauenbild in Deutschland reden.» Frauen seien in vielen Bereichen immer noch nicht gleichberechtigt und viele erlitten Gewalt. Darüber müsse man sprechen, auch wenn es anstrengend und ermüdend sei, wie die #Aufschrei-Kampagnen zeigten.


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