Die Doppelmoral im Umgang mit der Prostitution
In Deutschland und in der Schweiz sorgt der Partysong «Layla» von DJ Robin & Schürze für hitzige Diskussionen. Im Lied geht es um einen Zuhälter, der zwei Männern seine «Puffmama Layla» als «schöner, jünger, geiler» anpreist. Wegen Sexismus haben einige Veranstalter in Deutschland und in der Schweiz entschieden, den Song an Volksfesten nicht auf die Playlist zu nehmen.
Doppelmoral
Das ist ihr gutes Recht. Doch die Begründung ist scheinheilig. Sie offenbart eine verbreitete Doppelmoral im Umgang mit der Prostitution. Denn diese gilt in beiden Ländern als legale Dienstleistung. Inge Bell, zweite Vorsitzende der Frauenrechtsorganisation «Terre des Femmes» wies in der «Welt» darauf hin, dass Prostituierte in einschlägigen Anzeigen so wie «Layla» im Song angepriesen werden. Eine 19 Jahre alte «Elvira» aus Ungarn beispielsweise als «geiler Schluckspecht» und «Sara» aus Rumänien als «Drei-Loch-Stute». Solche Inserate kritisiert niemand. Es ist deshalb scheinheilig, einen Partysong über eine Prostituierte nicht zu spielen, weil sie als «schöner, jünger, geiler» angepriesen wird.
Ukrainerinnen dürfen sich nicht prostituieren
Heuchlerisch ist auch der Entscheid von Schweizer Behörden, dass geflüchtete Ukrainerinnen nicht als Prostituierte arbeiten dürfen. Mehrere Kantone lehnten entsprechende Arbeitsgesuche von Flüchtlingen mit Schutzstatus S ab, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete. Der Kanton Zürich begründete dies damit, Ukrainerinnen vor Ausbeutung schützen zu wollen. Doch Ausbeutung gibt es beispielsweise auch in der Kosmetikbranche. Trotzdem verbieten Behörden Frauen nicht, dort zu arbeiten.
Scheinheilige Empörung
Wer sich über einen Partysong empört oder Ukrainerinnen eine legale Erwerbsarbeit verbietet, fühlt sich vermutlich moralisch auf der richtigen Seite, ändert aber nichts am System der Prostitution. Denn die echten «Laylas», die sich überwiegend aus Armut prostituieren, erleben täglich Gewalt und Ausbeutung und nur wenige regt dies auf. Die Empörung über einen Song ist deshalb scheinheilig.
Zwang und Gewalt
Die Journalistin Aline Wüst hat zwei Jahre lang in Bordellen und auf dem Strich recherchiert. Ihr Fazit aus den vielen Gesprächen mit Prostituierten: Es gibt kaum Prostitution ohne Zwang und Gewalt. Das müsste Anlass für Empörung und politisches Handeln sein. Doch das Gegenteil ist der Fall: Kurz vor der Sommerpause hat das Schweizer Parlament einen Vorstoss für ein Sexkaufverbot nach schwedischem Vorbild ohne Diskussion mit erdrückender Mehrheit abgelehnt. Damit bleibt Prostitution in der Schweiz ein Job wie jeder andere.