gesst

Genderstern und Unterstrich degradieren Frauen, sagt Luise F. Pusch. © BR24

«Das männliche Einfühlungsvermögen stärken»

fs /  Die feministische Linguistin Luise F. Pusch kritisiert den Genderstern*. Er deklassiere Frauen. Sie plädiert für das generische Femininum.

Das heisst: Männer wären in der weiblichen Form mitgemeint, wie heute Frauen in der männlichen Form mitgemeint sind. Das generische Femininum sei die beste Antwort auf das generische Maskulinum, schreibt Pusch in der «Emma»: «Es stärkt das weibliche Selbstbewusstsein und das männliche Einfühlungsvermögen.» Neu würde es also heissen «Wer wird Millionärin?» und «Fragen Sie Ihre Ärztin oder Apothekerin».

«Von Männern für Männer»
Das generische Maskulinum bezeichnete sie an einer Podiumsdiskussion als «Relikt patriarchalischer Gesellschaften»: «99 Sängerinnen und ein Sänger sind zusammen 100 Sänger. Das ist unsere Grammatikregel. Das bedeutet dann, die Frauen verschwinden einfach. Die Grammatik hilft uns nicht. Die ist von Männern für Männer gemacht worden.» Es sei deshalb fair, wenn in den nächsten 200 Jahren nur weibliche Personenbezeichnungen benutzt würden.

Grundform Femininum
Das Femininum enthält laut Pusch sichtbar das Maskulinum: «Lehrer ist in Lehrerin deutlich enthalten. Das Femininum ist die Grundform, das Maskulinum die Schwundform.» Das generische Femininum verletze keine einzige Rechtschreiberegel. Vorschläge wie Sternchen, Unterstrich oder Binnen-I würden sich erübrigen. Und damit erübrigten sich auch Fragen nach dem Singular und den Pronomina. Zudem gebe es keine sprachlich holprigen Lösungen wie beispielsweise beim Schrägstrich und dem Genderstern: «Jede* ist seines/ihres/* Glückes Schmied*in». Solches «Holperdeutsch» fördere Kritik gegen Reformvorschläge.

Zweitbeste Lösung
Luise F. Pusch ist sich bewusst, dass das generische Femininum sich kaum durchsetzen wird. Zweitbeste Lösung ist für sie das grosse I, weil es dem generischen Femininum am nächsten kommt. Es entstand als Alternative zur Doppelform wie Lehrerinnen und Lehrer und zum Schrägstrich Lehrer/in. Pusch im Deutschlandfunk: «Ich bin dafür, dass das grosse I in den Duden aufgenommen wird, endlich. Das grosse I ist ja eine schöne feministische Erfindung, so aus dem Jahr 1980. Also es ist schon alt und ehrwürdig.»

Genderstern: «Nein danke!»
Immer häufiger sieht man zurzeit den Genderstern. Er wird zwischen die männliche und die weibliche Endung eines Wortes gesetzt: Student*innen, Professor*innen. Der Genderstern soll Frauen, Männer und alle, die sich einem dritten Geschlecht zugehörig fühlen, ansprechen. Luise F. Pusch kritisiert, dass der Genderstern, der ähnlich verwendete Unterstrich und der Schrägstrich Wörter in Teile zerreisst. «Und der allerletzte, das innen, ist den Frauen zugedacht. Nein danke!»

Der Genderstern war Ende letzten Jahres auf der Tagesordnung des Rates für deutsche Rechtschreibung. Dieser entschied, vorerst keine Empfehlung für geschlechtergerechte Sprache abzugeben. Man wolle die gesellschaftliche «Erprobungsphase» verschiedener Schreibweisen nicht durch eine verfrühte Empfehlung beeinflussen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581