Die Hexenjagd gegen eine Professorin ist ein Warnruf
Kathleen Stock hat im Herbst ihren Lehrstuhl für Philosophie an der britischen University of Sussex entnervt aufgegeben und damit weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Zuvor hatte ihr die Polizei geraten, der Universität sicherheitshalber fern zu bleiben.
«Ding, dong, die Hexe ist tot»
Eine Transgender-Lobby hatte Stock seit längerem als «transphob» beschimpft, verunglimpft und massiv bedroht. Der Grund: Die Professorin ist der Ansicht, dass das biologische Geschlecht juristisch Vorrang vor der Geschlechtsidentität haben muss. Nur so könne man die Rechte von biologischen Frauen schützen. Dieser Grundsatz prägt auch das britische Gleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2010. Die Transgender-Bewegung hingegen hält die Geschlechtsidentität für wichtiger. Jeder Mensch soll sich unabhängig vom biologischen Geschlecht als Mann, Frau oder queer definieren können. Es sei diskriminierend, wenn das biologische Geschlecht Vorrang habe. Nach dem Rücktritt von Stock sangen ihre Kritiker «Ding, dong, die Hexe ist tot» aus dem Filmmusical «Der Zauberer von Oz».
Laue Solidarität
Dem Kollegium und der Leitung der Universität Sussex wirft Stock vor, sie aus Angst vor einer ähnlichen Hetzkampagne erst im letzten Moment unterstützt zu haben. Ein Grund für diese Zurückhaltung könnte auch sein, dass die Studenten während ihrer Hexenjagd gegen Stock der Universität mit finanziellen Konsequenzen drohten. Auf einem Plakat in einem Fussgängertunnel zur Universität hiess es: «Wir zahlen doch keine 9250 Pfund jährlich, um von einer transphoben Professorin beleidigt zu werden.»
«Ich kann die nächste Kathleen Stock sein»
In der BBC warf Kathleen Stock den Studenten vor, nicht zu argumentieren, sondern einzig ihre berufliche Reputation zerstören zu wollen. Oxford-Historikerin Selina Todd sagte in der «Financial Times», Kathleen Stock sei nicht transfeindlich: «Sie ist nur der Meinung, dass es spezifische Frauenrechte geben sollte.» Sie teilt die Ansicht von Stock, dass das biologische Geschlecht ein entscheidendes Kriterium bleiben muss. Todd wurde deshalb selber zeitweise so massiv bedroht, dass sie an Vorlesungen Personenschutz brauchte. «Ich kann die nächste Kathleen Stock sein und ich denke, dass dies jetzt viele von uns denken.»
Meinungsfreiheit in Gefahr
Der Konflikt zwischen einer Transbewegung und genderkritischen Feministinnen spielt sich hauptsächlich an englischsprachigen Universitäten ab. Doch er gefährdet die Meinungsfreiheit auch ausserhalb des akademischen Milieus. Die britische Aussen- und Gleichstellungsministerin Liz Truss sagte, für die britische Demokratie und Gesellschaft sei es kein gutes Zeichen, dass Stock aus ihrem Job gemobbt wurde, bloss weil sie eine andere Meinung vertrete. Auch Bildungsministerin Michelle Donelan verurteilte die Hetzkampagne.