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Treffen in Teheran: Mehrheitlich Frauen repräsentieren Schweden (rechts), nur Männer den Iran. © Alalm/preident/RNA

Kontroverse um Politikerinnen mit Kopftuch

fs /  Westliche Politikerinnen, die sich der Kopftuchpflicht im Iran beugen, lösen kontroverse Reaktionen aus.

Eine Delegation der schwedischen Regierung war kürzlich auf Staatsbesuch im Iran. Die Frauen der mehrheitlich weiblichen Regierungsdelegation trugen alle Kopftuch, wie es im Iran auch für Ausländerinnen vorgeschrieben ist. Dies löste eine Kontroverse aus.

«Kopftuchzwang legitimiert»
Kritikerinnen warfen Handelsministerin Ann Linde und den anderen Frauen der Delegation vor, dem eigenen Anspruch, weltweit die erste feministische Regierung zu sein, nicht gerecht zu werden. Die iranische Journalistin Masih Alinejad, die heute im Exil in Grossbritannien lebt, beschuldigte die schwedischen Politikerinnen, den Kopftuch-Zwang im Iran zu legitimieren. «Das ist ein diskriminierendes Gesetz und keine interne Angelegenheit des Irans, wenn das Land auch alle Ausländerinnen zwingt, das Kopftuch zu tragen.» Die Schwedinnen hätten sich mit den Iranerinnen solidarisieren und dem Kopftuchzwang widersetzen müssen. Alinejad hat vor drei Jahren eine viel beachtete Facebook-Kampagne gegen den Kopftuch-Zwang initiiert.
Jan Björklund, Chef der oppositionellen liberalen Partei, sagte in der schwedischen Zeitung «Aftonbladet», die schwedische Regierung hätte verlangen müssen, dass die Frauen der Regierungsdelegation kein Kopftuch tragen müssen oder die Verträge in einem anderen Land unterzeichnet werden.

«Machtvolle Botschaft»
Handelsministerin Anne Linde sagte, sie habe als ausländische Politikerin das iranische Recht nicht brechen wollen. Alternative wäre gewesen, dass sie nicht in den Iran reist, schrieb Linde auf Facebook. «Die Delegation der Regierung bestand aus 15 Personen, darunter zwölf Frauen. Schwedens Botschafter im Iran ist eine Frau. Durch unsere Präsenz im Iran zeigen wir, dass Frauen in der Gesellschaft Führungspositionen haben können.» Das sei eine ganz wichtige Botschaft, sagte Frauenrechtsaktivistin Sussan Tahmasebi im «Guardian». Dadurch, dass die schwedische Delegation so viele weibliche Mitglieder hatte, habe Schweden eine machtvolle Botschaft an den Iran gesendet. Wenn die schwedischen Politikerinnen wegen des Kopftuchzwanges nicht in den Iran gereist wären, hätten sich zwei rein männliche Delegationen getroffen.

Frühere Kontroversen
Westliche Politikerinnen, die im Iran Kopftuch tragen, lösen damit immer wieder Kontroversen aus. Einige Beispiele: Aus der Schweiz Micheline Calmy-Rey (SP), aus Deutschland Claudia Roth (Grüne) und Dagmar Wöhrl (CSU) und aus Italien Emma Bonino (Radikale Partei). Die damalige italienische Aussenministerin war vor drei Jahren ohne Kopftuch in Teheran aus dem Flugzeug gestiegen. Die iranischen Behörden stellten sie vor die Wahl, entweder Kopftuch zu tragen oder wieder heimzureisen. Sichtlich widerwillig entschied sie sich für das Kopftuch.

Kein Kopftuchzwang für Ausländerinnen
Anders als im Iran ist in Saudiarabien das Kopftuch für Ausländerinnen nicht vorgeschrieben. Als die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kürzlich auf Staatsbesuch war, trug keine der Frauen ihrer Delegation ein Kopftuch. Auch die frühere First Lady Michelle Obama trug kein Kopftuch, als sie vor zwei Jahren in Saudiarabien an der Beerdigung von König Abdullah teilnahm.


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