Es muss eine reformierte Frau in den Vatikan

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Barbara Marti /  Die Schweizer Regierung will im Vatikan eine Botschaft einrichten. Damit wertet sie eine Kirche auf, die hart erkämpfte Frauenrechte beschneiden will.

Das Anliegen, eine Schweizer Botschaft im Vatikan zu errichten, war bisher immer gescheitert. Zuletzt hat es der Bundesrat 2013 als zu teuer und unnötig zurückgewiesen. Doch seit zwei Jahren sind die Mitglieder der Schweizer Regierung erstmals mehrheitlich katholisch. Die Botschaft wird deshalb wohl Realität, da das Geschäft nicht ins Parlament kommt. Die Regierung muss lediglich die aussenpolitischen Kommissionen der beiden Kammern anhören.

Aufwertung der katholischen Kirche

Der Bundesrat begründet sein Vorhaben mit der «Zunahme der diplomatischen Aufgaben». Konkret nennt er Friedensförderung, nachhaltige Entwicklung und «innenpolitische Themen, die für die bilateralen Beziehungen von Bedeutung sind». Mit der Botschaft wertet er einseitig die katholische Kirche auf. Zur Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) hat der Bund keine vergleichbare Beziehung. Denn die Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften sind in der Schweiz Aufgabe der Kantone und nicht des Bundes.

Mitglied einer Allianz gegen Frauenrechte

Diese Aufwertung stösst auf Kritik, insbesondere von Frauen. Franziska Driessen-Reding, Präsidentin der Katholischen Kantonalkirche Zürich, fragte im «Tages-Anzeiger», ob eine Botschaft das richtige Signal sei, wenn man bedenke, dass der Vatikan Frauen nach wie vor Rechte vorenthalte. Laut Patricia Schulz propagiert der Vatikan eine frauenfeindliche Agenda. Die Juristin war früher Direktorin des Eidgenössischen Gleichstellungsbüros und zuletzt Mitglied im Ausschuss der Vereinten Nationen, welcher die Einhaltung des Uno-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau überwacht. Auf internationaler Ebene gebe es eine Allianz gegen Frauenrechte, welcher der Vatikan, die russisch-orthodoxe Kirche und evangelikale US-Kirchen angehören, sagte Schulz kürzlich im öffentlich-rechtlichen TV-Sender RTS. Die Gegner der Frauenrechte seien gut organisiert und hätten viel Geld. Gefährdet seien insbesondere die Rechte der Frauen auf Abtreibung, Bildung und Sicherheit. 

Kirche diskriminiert Frauen

Die katholische Kirche ist Mitglied dieser Allianz und diskriminiert Frauen selber nach wie vor. Doch es erzürnt nicht nur Frauen, dass die Schweiz eine Botschaft beim Vatikan einrichten will. Das Vorhaben stösst auch bei Reformierten auf Kritik. Wenn es zur Gründung einer Botschaft im Vatikan käme, müsse der Bundesrat auch eine vergleichbare Beziehung zur Evangelisch-reformierten Kirche haben, fordert EKS-Präsidentin Rita Famos. Sonst entstehe eine Schieflage, wenn der Bund zum Beispiel für Friedensmissionen nur die katholische Kirche einbeziehe. Denn die beiden Kirchen seien bei Themen wie der Stellung der Frauen in Kirche und Gesellschaft grundsätzlich unterschiedlicher Meinung, sagte Famos gegenüber dem katholischen Newsportal «kath.ch». Sie sei erstaunt, dass der Vatikan die heutige Lösung einzig aus Protokollgründen ablehne. Bisher waren Schweizer Botschafter in anderen Ländern auch für den Vatikan zuständig.

Regierung muss Frau ernennen

Rund eine Million Franken im Jahr soll die Botschaft kosten. Wenn die Regierung dieses Geld tatsächlich für eine Botschaft im Vatikan ausgeben will, muss sie eine reformierte Frau zur Botschafterin ernennen. Sonst ist jedes Engagement gegen Diskriminierung unglaubwürdig.

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