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Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock erwähnte die feministische Aussenpolitik in ihrer Antrittsrede nicht. © srf

Feministische Aussenpolitik und Nato sind unvereinbar

fs /  Die neue deutsche Regierung bekennt sich im Koalitionsvertrag zur feministischen Aussenpolitik und zur Nato. Doch die beiden passen schlecht zusammen.

Im Koalitionsvertrag heisst es: «Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir im Sinne einer Feminist Foreign Policy Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit stärken und gesellschaftliche Diversität fördern. Wir wollen mehr Frauen in internationale Führungspositionen entsenden, den Nationalen Aktionsplan der Uno-Resolution 1325 ambitioniert umsetzen und weiterentwickeln.» Und zwei Abschnitte weiter heisst es: «Die Nato bleibt unverzichtbare Grundlage unserer Sicherheit.» 

Männer prägen Aussenpolitik
Als Erfinderin der feministischen Aussenpolitik gilt die frühere schwedische Aussenministerin Margot Wallström. Sie hat vor knapp acht Jahren die Politik der drei «R» definiert, die nun auch im deutschen Koalitionsvertrag steht: Rechte, Ressourcen und Repräsentanz sollen fair verteilt sein. Heute sind Frauen massiv untervertreten im Militär, in der Diplomatie, bei Friedensverhandlungen, beim Waffenbesitz, in der Rüstungsproduktion und in der Politik: «Es gibt wohl wenig andere Bereiche, in denen klassische Rollenbilder so tief verwurzelt sind wie in der Aussen- und Sicherheitspolitik, wo das Berufsbild lange sehr männlich konnotiert war», zitierte die «Frankfurter Rundschau» aus einer Rede des früheren deutschen Aussenministers Heiko Maas (SPD). 

Frieden statt Abschreckung
Die Nato ist ein militärisches Bündnis von Staaten. Feministische Aussenpolitik hingegen will einen Paradigmenwechsel weg von nationalen Interessen und militärischem Denken hin zum einzelnen Menschen. Frieden und Sicherheit sollen Abschreckung und Gewalt ablösen. Um eine stabile und gewaltlose Situation zu erreichen, braucht es deshalb keine Aufrüstung, sondern gleiche Rechte für alle, gleichen Zugang zu Ressourcen und Beteiligung an Entscheidungsprozessen.

«Es braucht einen Bewusstseinswandel»
Nur 25 von 1500 Friedensverträgen, die zwischen 2000 und 2016 geschlossen wurden, erwähnen Frauen, sagt Anja Papenfuss von der Friedrich-Ebert-Stiftung. «Weniger als drei Prozent der Unterzeichnenden von Friedensabkommen und weniger als zehn Prozent der Verhandlungsführenden sind Frauen.» Aktuelles Beispiel sind die Friedensverhandlungen zwischen der früheren afghanischen Regierung und den Taliban im letzten Jahr. Im 21-köpfigen Verhandlungsteam der damaligen Regierung waren nur vier Frauen und unter den 21 Taliban-Unterhändlern war keine einzige Frau. Der Frauenanteil am Verhandlungstisch lag also bei unter 10 Prozent. Papenfuss sagt, es brauche keine weiteren Resolutionen, sondern einen weltweiten Bewusstseinswandel.

Feministische Aussenpolitik löst Krise aus
Bis dahin ist noch ein weiter weg, wie das Beispiel Schweden zeigt. Als Margot Wallström unter Berufung auf die feministische Aussenpolitik der Regierung Rüstungsexporte nach Saudiarabien blockierte, löste sie damit eine diplomatische und eine Regierungskrise aus. Es ist vermutlich kein Zufall, dass die neue deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in ihrer Antrittsrede zwar das Bekenntnis zur Nato erwähnt, aber nicht das Bekenntnis zur feministischen Aussenpolitik. Die beiden passen einfach schlecht zusammen.

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