Bildschirmfoto 2024-01-29 um 18.31.03

Die Schlagzeile suggeriert: Diese Feministinnen sind alt und ihre Argumente sind es auch. © bzbasle

Die «Alt-Feministin» muss man nicht ernst nehmen

fs /  Der Begriff «Alt-Feministin» diskreditiert alte Feministinnen, wie ein aktuelles Beispiel zeigt. Alte Männer hingegen sind «Alt-Meister» oder «Vordenker».

Margrith von Felten ist 79-jährig. Die frühere SP-Nationalrätin aus Basel engagierte sich in den letzten Jahren gegen das Streichen des Begriffs «Frau» aus dem kantonalen Gleichstellungsgesetz. Sie argumentierte auf der Plattform «Justitia ruft!», dass das sprachliche Verschwinden der Frauen den Blick auf patriarchale Strukturen verneble und damit die tatsächliche Gleichstellung der Frauen erschwere. Bei LGBTQI-Personen gehe es nicht um Gleichstellung, sondern um den Schutz der Einzelnen vor Diskriminierung. Diesen müsse man in einem separaten Gesetz sicherstellen.

Generationenkonflikt statt inhaltlicher Debatte
In der medialen Berichterstattung wurde von Felten häufig als «Alt-Feministin» bezeichnet. Subtext: Die Frau ist alt und ihre Argumente sind es auch. Man muss sie deshalb nicht ernst nehmen. Die Spaltung der feministischen Bewegung in Generationen ist nicht neu. Statt sich mit Argumenten innerhalb der feministischen Bewegung auseinanderzusetzen, wird immer wieder ein Generationenkonflikt zwischen «alt, gestrig» und «jung, fortschrittlich» inszeniert. Bekanntestes Beispiel im deutschsprachigen Raum ist «Emma»-Herausgeberin Alice Schwarzer, die regelmässig als «Alt-Feministin» diskreditiert wird. 

Biden ist kein «Alt-Demokrat»
Bei alten Männern tönt dies ganz anders. US-Präsident Joe Biden wird nie als Alt-Demokrat und Donald Trump nie als Alt-Republikaner bezeichnet. In Deutschland ist der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder Alt-Kanzler, aber er ist kein Alt-Sozialdemokrat. In der Schweiz ist Christoph Blocher Alt-Bundesrat, aber kein Alt-Konservativer. Stattdessen wird er als «Alt-Meister, Übervater, Chefstratege, Vordenker» bezeichnet. Bei Männern spielt das Alter offensichtlich keine negative Rolle, wenn es um gesellschaftliche Debatten geht.

Revision auf Bundesebene
Der Kampf von Margrith von Felten und «Justitia ruft» führte dazu, dass die Bevölkerungsmehrheit der Frauen im revidierten Gleichstellungsgesetz des Kantons Basel-Stadt nun doch mit «Frauen» genannt wird – zusammen mit den Männern und LGBTQI-Personen. Dem revidierten Gleichstellungsgesetz hat das kantonale Parlament Anfang dieses Jahres zugestimmt. Verantwortlich für die Revision war der frühere Basler Regierungsrat Beat Jans (SP), der seit Anfang dieses Jahres als Justizminister Mitglied der Schweizer Regierung ist. Der «Tages-Anzeiger» schreibt, dass die LGBTQI-Szene nun auf eine ähnliche Revision des Gleichstellungsgesetzes auf Bundesebene hoffe. Jans habe Nora Bertschi, «geistige Mutter des Basler Gesetzes» als Generalsekretärin angestellt. Den «Alt-Feministinnen» scheint die Arbeit also nicht auszugehen. Es wird sich zeigen, ob man sie dann nicht wieder diskreditiert, sondern sich mit ihren Argumenten sachlich auseinandersetzt.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581