Null Toleranz gegenüber Frauen-Belästigung
Die Polizei in der Grafschaft Nottinghamshire in Grossbritannien erfasst seit diesem Sommer alle Übergriffe auf Frauen als Hassverbrechen, auch solche, die strafrechtlich vielleicht nicht relevant sind. Die neue Praxis wurde in Zusammenarbeit mit dem Frauenzentrum von Nottingham konzipiert. Sie hat weltweit für Aufsehen gesorgt.
«Inakzeptabel»
Zum bereits bestehenden Straftatbestand des Hassverbrechens gehören neu alle Handlungen, welche auf Vorurteilen oder Hass gegenüber Frauen basieren, und nicht mit gesonderten Massnahmen geahndet werden, wie das etwa bei häuslicher Gewalt der Fall ist. Konkrete Beispiele sind unerwünschte Annährungsversuche, unerwünschte verbale Kontaktaufnahme, das Fotografieren ohne Zustimmung, unerwünschte Botschaften und Anrufe auf Handys. Was Frauen jeden Tag widerfahre, sei absolut inakzeptabel, sagte Polizeipräsidentin Sue Fish. Solche Belästigungen müsse die Gesellschaft endlich ernst nehmen.
Veränderte Wahrnehmung
Ende September haben die Behörden und das Frauenzentrum von Nottingham eine erste Bilanz gezogen, berichtet der «Guardian». Entgegen Befürchtungen in den Medien haben Frauen keine Männer angezeigt, die ihnen bloss nachgepfiffen haben. Die 30 als Hassverbrechen gemeldeten Übergriffe reichten von verbaler Belästigung bis zu sexuellen Übergriffen und versuchter Entführung. Hingegen hat sich laut Polizei und Frauenzentrum die Wahrnehmung der Frauen geändert. Dies gehe aus Aussagen von Betroffenen hervor. Die Frauen gaben an, Übergriffe eher zu melden, weil die Behörden sie nun ernst nehmen.
Umdenken erforderlich
In Grossbritannien erwägen andere Polizeibehörden, dem Beispiel von Nottinghamshire zu folgen und alle Übergriffe auf Frauen als Hassverbrechen anzuerkennen. Polizeipräsidentin Fish empfiehlt, alle involvierten Beamtinnen und Beamten intensiv zu schulen, damit sie Betroffene angemessen unterstützen können. Es gehe darum umzudenken. Belästigungen und Übergriffe dürften nicht mehr als normal akzeptiert und damit bagatellisiert werden. Frauen sollen sich in der Öffentlichkeit frei bewegen können, ohne eingeschüchtert, belästigt oder missbraucht zu werden. Der Erfolg lasse sich nicht an der Anzahl Meldungen messen, sondern an der Anzahl Frauen, die sagen, sie könnten nun «aufrechter gehen».
Als Hassverbrechen gelten Taten, bei denen der Täter das Opfer nach einem bestimmten Kriterium wie dem biologischem Geschlecht oder der sexuellen Orientierung auswählt. Der Begriff kommt aus den USA und ist dort und auch in Grossbritannien ein Straftatbestand.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine