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Auf Twitter wurde das Urteil gegen Purvi Patel scharf kritisiert. © #feticide

USA: 20 Jahre Haft wegen totem Fötus

fs /  Erstmals ist in den USA eine Frau verurteilt worden, weil sie ihren Fötus getötet haben soll. Sie spricht von einer Fehlgeburt.

20 Jahre Haft wegen Fetozid lautet das Urteil eines Geschworenengerichtes in Indiana gegen die 33-jährige Purvi Patel. Diese hatte mit starken Blutungen ärztliche Hilfe in einem Krankenhaus gesucht. Ein Arzt, der erklärter Abtreibungsgegner ist, verständigte die Polizei. Diese fand kurz darauf den Fötus in einer Mülltonne. Als Purvi Patel im Krankenhaus aufwachte, wurde sie von der Polizei ohne Beisein einer Anwältin verhört.

Umstrittene Beweise
Die Anklage warf der jungen Frau vor, online im Ausland eine Abtreibungspille gekauft zu haben. Als Beweis dienten ihre Handy-Kontakte. Weiter behauptete die Anklage, der Fötus habe noch gelebt, als er in der 23. oder 24. Schwangerschaftswoche zur Welt kam. Als Beweis dafür diente ein medizinisch heftig umstrittener Test. Patel bestritt alle Anschuldigungen. Sie habe eine Fehlgeburt erlitten. In ihrem Blut konnten keine Spuren eines Abtreibungsmittels nachgewiesen werden. Trotzdem folgte das Geschworenengericht der Anklage und verurteilte Purvi Patel wegen zwei Verbrechen, die sich eigentlich ausschliessen: Tötung eines Fötus und Vernachlässigung eines geborenen und angeblich lebensfähigen Babys. Es wird erwartet, dass die Verteidigung Berufung gegen das Urteil einlegen wird.

Anklagen gegen Frauen
Fetozid-Gesetze gibt es mittlerweile in zahlreichen US-Bundesstaaten. Purvi Patel ist nicht die erste Frau, die aufgrund eines solchen Gesetzes angeklagt wurde. Sie ist jedoch die erste Frau, die deswegen verurteilt wurde, schreibt die «New York Times». US-Frauenrechtsaktivistinnen befürchten jetzt, dass Frauen aus Angst vor einer Anklage nach einer Fehl- oder Totgeburt keine ärztliche Hilfe mehr in Anspruch nehmen.

Selbstbestimmungsrecht ausgehöhlt
In den USA basiert das Recht der Frauen, selber über eine Abtreibung zu entscheiden, nicht auf einem Gesetz, sondern auf einem Urteil des Verfassungsgerichtes aus dem Jahr 1973. Fast zwanzig Jahre später entschied das Höchstgericht allerdings, dass die einzelnen Bundesstaaten das Abtreibungsrecht einschränken dürfen, wenn ungewollt Schwangere dadurch «nicht unzumutbar belastet» werden. Seither haben zahlreiche Bundesstaaten Gesetze verabschiedet, die das Recht der Frauen, über ihren Körper selber zu entscheiden, aushöhlen. Dazu gehören die Fetozid-Gesetze. Das unabhängige Guttmacher-Institut hat kürzlich festgestellt, dass mittlerweile bereits mehr als die Hälfte (57 Prozent) aller Frauen in den USA in Bundesstaaten mit restriktiver Abtreibungsgesetzgebung leben. Dazu zählt das Institut diejenigen Bundesstaaten, die mit mindestens vier gesetzlichen Vorschriften den Zugang zu Abtreibungen erschweren.
30 Jahre Haft nach Fehlgeburt
Nicht nur in den USA müssen Frauen damit rechnen, nach einer Fehl- oder Totgeburt im Gefängnis zu landen. Weltweit eines der strengsten Abtreibungsgesetze hat El Salvador. Erst kürzlich hat das Parlament eine Frau begnadigt, die nach einer Fehlgeburt zu 30 Jahren Haft verurteilt wurde. Sie habe vorsätzlich abgetrieben, lautete das Urteil.


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