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Macht «verstaubte Frauenpolitik»: ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger. © oevp

«Wahlfreiheit für Frauen ist eine Mär»

fs /  Frauen sollen selber zwischen Kind und Karriere entscheiden, propagieren Konservative. Diese Wahlfreiheit gebe es nicht, kritisiert eine Genderforscherin.

In Österreich hat der junge Aussenminister Sebastian Kurz die konservative Volkspartei (ÖVP) umgekrempelt. Die neue Generalsekretärin Elisabeth Köstinger sagte in der «Kronen Zeitung», die ÖVP werde Frauen auf allen Ebenen fördern: «Aber jede Frau soll selbst entscheiden können, ob sie Mutter sein will oder Vorstandsvorsitzende.»

«Weniger Staat» bremst Frauen
Für die Genderforscherin Brigitte Theissl ist dies «verstaubte Frauenpolitik». Die ÖVP sitze seit Jahrzehnten dem «fundamentalen Missverständnis» auf, dass eine Untätigkeit des Gesetzgebers die Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger fördere. Doch «weniger Staat» fördere die Selbstbestimmung von Frauen nicht. Im Gegenteil: Fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Ganztagsschulen und Möglichkeiten, eine Schwangerschaft sicher und kostengünstig abzubrechen, stünden der «vielbeschworenen Wahlfreiheit» entgegen. Die Öffnungszeiten des örtlichen Kindergartens prägten die Berufswege von Frauen viel mehr als ihre Ambition, Vorstandsvorsitzende zu werden, schreibt Theissl im «Standard». Die ÖVP müsse sich endlich vom «Märchen der Wahlfreiheit» verabschieden. Wer die Kindern betreut, müsse Thema gesellschaftlicher Auseinandersetzungen sein und nicht private Verhandlungssache.

«Denkverbote brechen»
Wenig Neues kann Theissl auch bei anderen frauenpolitischen Forderungen erkennen, obwohl die neue ÖVP angekündigt hat, mit Denkverboten zu brechen. Generalsekretärin Elisabeth Köstinger hält beispielsweise einen finanziellen Anreiz zur Frauenförderung für «nicht sinnvoll». Dorothea Schittenhelm, Vorsitzende der ÖVP-Frauen, hatte vorgeschlagen, die staatliche Parteienförderung an den Frauenanteil in einer Fraktion zu koppeln. Köstinger hat angekündigt, dass es für die vorgezogenen Wahlen im Herbst parteiintern eine Frauenquote für die Wahllisten geben soll. Doch eine solche Frauenquote sei bereits unter dem früheren Parteichef Reinhold Mitterlehner beschlossen worden, schreibt Theissl. Wenn die ÖVP Denkverbote wirklich brechen wolle, brauche sie nicht nur neue Köpfe, sondern auch neue Konzepte.


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