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Anfang dieses Jahres fand erstmals in London eine «Modest Fashion Week» statt. © LMFW

Trend zu züchtiger Mode

fs /  Rocklängen rutschen nach unten, Ausschnitte nach oben: Welche Folgen dieser Trend für die Wahlfreiheit von Frauen hat, ist umstritten.

«Lust an der Verhüllung» (Vogue) oder «Die Biederkeit kehrt zurück» (HAZ) heissen Schlagzeilen zum Modejahr 2017. Einen Paradigmenwechsel vom «Minimalismus zum Maximalismus» stellt die Fachzeitschrift «Textilwirtschaft» fest. Dieser beende die Phase der Freizügigkeit seit den Neunzigerjahren. Der Modedozent Carl Tillessen schrieb in einer Analyse für das Deutsche Mode-Institut: «Die tiefen Einblicke in Blusen und Hosen wirken nicht mehr jung und unbefangen, sondern nur noch kalkuliert und obszön.»

«Modest Fashion Week»
Im letzten Februar fand erstmals in London eine «Modest Fashion Week» statt. Nazmin Alim vom Marktleader aab sagte der BBC, die schnell wachsende Gruppe der jungen Musliminnen habe «Modest Fashion» (sittsame Mode) über die sozialen Medien in den letzten Jahren propagiert. Unter #modestfashion gebe es auf Instagram Tausende Bilder. Dieser Boom habe die Branche verändert. Auch westliche Modehäuser produzieren mittlerweile spezielle Kollektionen für diesen rasch wachsenden Markt. Und sie nehmen orientalische Elemente in ihre anderen Kollektionen auf.

Mehr Wahlfreiheit
Der neue Modetrend hat im englischsprachigen Raum eine Kontroverse ausgelöst. Die Befürworterinnen argumentieren, alle Frauen hätten jetzt die Möglichkeit, ihren Kleidungsstil frei zu wählen. Wichtiger als ihre Kleidung sei nun ihre Persönlichkeit. Desginerin Victoria Beckham beispielsweise spricht von «Empowerment der Frauen». Die Persönlichkeit einer Frau sei nicht mehr von der Rocklänge abhängig. Sie und nicht mehr der männliche Betrachter entscheide jetzt über ihre Kleidung.

Weniger Wahlfreiheit
Andere warnen, der Begriff sittsame Mode disqualifiziere andere Mode als unschickliche Mode. Das werde die Wahlfreiheit von Frauen früher oder später einschränken. Alexandra Shulman, frühere Chefredaktorin der britischen «Vogue», sagte im «Guardian», Frauen könnten zwar weiterhin einen kurzen Rock ohne eine lange Hose darunter tragen. Doch die lange Hose unter dem kurzen Rock werde mit den neuen Kollektionen normalisiert. Als bedeckte Frauenkörper zuletzt in den Achtzigerjahren Mode waren, habe niemand von «Modest Fashion» gesprochen. Der Begriff zeige, dass es jetzt einen Zusammenhang gebe mit dem konservativen Trend in Gesellschaft und Politik.


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