Vergewaltigung: Schweden verschärft Definition

fs /  Auch wenn sich das Opfer eines sexuellen Übergriffs nicht gewehrt hat, kann das Gericht die Tat als Vergewaltigung taxieren.

In Schweden sollen künftig mehr Fälle von sexuellen Übergriffen als Vergewaltigung definiert und entsprechend geahndet werden. Dies sieht eine von der bürgerlichen Regierung vorgeschlagene Revision des Sexualstrafrechtes vor, berichtet die «Neue Zürcher Zeitung».
Als Vergewaltigung gelten künftig auch sexuelle Übergriffe auf Personen in «besonders ausgesetzten Situationen». Damit sollen Täter bestraft werden, deren Opfer sich in bewusstem Zustand nicht körperlich gegen die Übergriffe gewehrt haben. Bisher ist dafür ein «hilfloser Zustand» erforderlich. Ein Opfer, das sich nicht wehrt, muss also zum Zeitpunkt der Tat beispielsweise schlafen, völlig betrunken oder sonst nicht bei vollem Bewusstsein sein, damit der Täter wegen Vergewaltigung belangt werden kann.
Die Regierung wollte ursprünglich die Definition der Vergewaltigung noch weiter verschärfen. Ihren Vorschlag, sexuelle Handlungen ohne die ausdrückliche Zustimmung der beteiligten Personen zu bestrafen, liess sie aber schliesslich fallen. Die konservative Justizministerin Beatrice Ask begründete dies damit, dass die Regierung das Sexleben nicht bürokratisieren wolle. Zudem gewichte eine solche Definition das Verhalten des Opfers während des Übergriffs noch stärker und erschwere damit dessen Position vor Gericht. Es wird erwartet, dass das Parlament der Revision des Sexualstrafrechtes zustimmt. Es soll im Sommer im Kraft treten.
Schweden hat bereits ein vergleichsweise restriktives Sexualstrafrecht. Dieses hatte 2010 international für Schlagzeilen gesorgt, als Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen Vergewaltigung, Nötigung sowie in drei Fällen der sexuellen Belästigung angeklagt wurde. Mit der Flucht in die ecuadorianische Botschaft in London hat sich dieser dem Haftbefehl bisher entziehen können.
In Italien hat das Höchstgericht entschieden, dass eine Vergewaltigung vorliegt, wenn während des Geschlechtsverkehrs eine der beteiligten Personen ihre Einwilligung widerruft. Der Kassationshof hatte die Berufung eines 23-Jährigen zu beruteilen. Die Vorinstanzen hatten ihn wegen Vergewaltigung und anderer Delikte zu dreieinhalb Jahren verurteilt. Seine damalige Freundin hatte zuerst gewalttätigem Sex zugestimmt, ihre Meinung aber während des Geschlechtsverkehrs geändert. Der 23-Jährige argumentierte vor Gericht, es sei für ihn unmöglich gewesen, diese Meinungsänderung festzustellen.
In den Niederlanden gilt ein erzwungener Zungenkuss neu nicht mehr als Vergewaltigung. Dies hat das Höchstgericht entschieden und damit die bisherige Rechtssprechung geändert. Bisher galt jede sexuelle Penetration ohne Einwilligung als Vergewaltigung. Neu gilt ein erzwungener Kuss nicht mehr als Vergewaltigung, sondern als sexuelle Nötigung. Dafür droht eine Höchststrafe von acht Jahren Haft. Vergewaltigung kann in den Niederlanden mit bis zu zwölf Jahren Haft geahndet werden.


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