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Der US-Dachverband «National Organization for Women» spricht von einem «Krieg gegen Frauen». © NOW

Schutzzonen vor Abtreibungs-Kliniken verkleinert

/  In den USA dürfen Abtreibungsgegner Frauen vor Kliniken bedrängen. Nur kleine Schutzzonen bleiben erlaubt.

Dies hat das Höchstgericht einstimmig entschieden. Danach verstossen grössere Schutzzonen für Patientinnen und Klinik-Personal, wie sie ein Gesetz im US-Bundesstaat Massachusetts erlaubt, gegen das Recht auf freie Meinungsäusserung.

Schutz vor Gewalt
Gegen das Gesetz in Massachusetts geklagt hatten Abtreibungsgegnerinnen. Dieses erlaubte seit 2007 Schutzzonen von rund elf Metern um Kliniken. Anlass für das Gesetz waren mehrere Morde und Mordversuche an Mitarbeitenden von Kliniken, in denen Abtreibungen vorgenommen werden. Die Klägerinnen bezeichneten sich vor Gericht als friedliche «Gehsteigberaterinnen». Eleanor McCullen sagte gegenüber der «New York Times», sie wolle mit den Frauen nur «liebevoll» über Alternativen zu einer Abtreibung sprechen.
Inhaltlich neutrales Gesetz
Die Vorinstanz hatte die Klage abgelehnt. Das Recht auf Abtreibung sei in den USA umstritten, nicht aber das Recht des Staates dafür zu sorgen, dass Menschen in Sicherheit Kliniken betreten können. Das Gesetz von Massachusetts sei inhaltlich neutral. Es schütze die Rechte von Patientinnen und Klinikpersonal, ohne die freie Meinungsäusserung anderer zu verletzen.
Kein grundsätzliches Verbot
Diese Ansicht teilt das Höchstgericht nicht. Eine Schutzzone von elf Metern sei zu gross. Eine Minderheit des Gerichtes wollte Schutzzonen vor Kliniken grundsätzlich untersagen. Damit hätte es auch die kleinere Schutzzone im Bundesstaat Colorado gekippt. Dort müssen Abtreibungsgegner vor einer Klinik eine Schutzzone von zwei Metern um eine Person respektieren. Dieses Gesetz aus dem Jahr 1993 hat das Höchstgericht im Jahr 2000 bestätigt.
Frauenorganisationen empört
US-Frauenorganisationen äusserten sich empört über das aktuelle Urteil des Höchstgerichtes. Von einem «Krieg gegen Frauen» sprach der Dachverband «National Organization for Women». Eleanor Smeal, Präsidentin der Stiftung «Feminist Majority», warf dem Höchstgericht vor, im Namen der Meinungsfreiheit Abtreibungsgegner zu ermutigen, Klinikpersonal und Frauen zu bedrohen und einzuschüchtern. «Gehsteigberaterinnen» seien nicht so harmlos wie sie behaupten. Zwei Mörder von Ärzten seien «Gehsteigberater» gewesen. Rechtsprofessorin Wendy Murphy rät, die Abtreibungsgegner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen und sie mit mutiger Widerrede aus dem Klinikumfeld zu vertreiben. Das sei schneller wirksam als ein neues Gesetz oder Gerichtsverfahren.
Gesetzliche Schutzzonen
Radikale Abtreibungsgegner bedrängen auch in anderen Ländern Frauen vor Kliniken.
In Österreich kann die Polizei im Bundesland Wien Abtreibungsgegner vor medizinischen Einrichtungen wegweisen und ein Rückkehrverbot für eine Zone von 150 Metern um eine Arztpraxis aussprechen.
Auch in Kanada und Frankreich sind auf regionaler und lokaler Ebene Schutzzonen vor gynäkologischen Kliniken möglich.
In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht vor vier Jahren entschieden, dass ein radikaler Abtreibungsgegner vor einer Arztpraxis, die auf Schwangerschaftsabbrüche spezialisiert ist, Frauen zum Thema Abtreibung ansprechen darf. Voraussetzung ist, dass die Frauen keinem «Spiessrutenlauf» ausgesetzt sind und die Aktionen die Persönlichkeitsrechte des betroffenen Arztes nicht verletzen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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